FC Pinzgau: Der österreichische Underdog mit dem amerikanischen Traum
Der FC Pinzgau Saalfelden hat einen Traum: im internationalen europäischen Fußball mitzumischen. Bei der Herausforderung, in den Divisionen vorzurücken, geht der Verein einen ungewöhnlichen Weg.
Die Erfolgsgeschichten von Sheffield United, der noch 2017 in der dritten englischen Liga spielte und heute um die Qualifikation für die Europa League kämpft, oder auch Leicester City, die wohl größte Überraschung aller Zeiten in der Premier League, haben jedoch nichts mit den Plänen des FC Pinzgau Saalfelden (FCPS) zu tun.
Der österreichische Regionalligist lässt sich dabei stattdessen von einem Verein inspirieren, der viel näher an der Heimat liegt, um sich an die Spitze des österreichischen Fußballs zu arbeiten und sein Potenzial voll auszuschöpfen.
Dieser Verein ist der Linzer Athletik-Sport-Klub, besser bekannt als LASK. Er zog die Aufmerksamkeit der gesamten Fußballwelt auf sich, als er Manchester United in der K.o.-Runde der diesjährigen Europa League Saison zugelost bekam.
„Es gibt ein Beispiel hier in Österreich, und das ist der LASK, der vor drei oder vier Jahren noch in der dritten Liga war“, sagt Mark Ciociola, Geschäftsführer des FC Pinzgau. Er begann das Projekt zusammen mit seinen beiden amerikanischen Landsleuten Steve Paris und Trey Fitz-Gerald vor drei Jahren, wie er gegenüber Gambling.com berichtet.
„Das ist eine beachtliche Erfolgsgeschichte, die nicht weit von hier entfernt geschrieben wurde. Sie haben es in allen Bereichen genau richtig gemacht. Sie haben Ihre Vision verfolgt und wenn wir sie uns anschauen, dann fragen wir uns: Wenn sie es können, warum sollten wir es nicht auch können?“
Natürlich hat jeder Verein in den unteren Ligen das Ziel, eines Tages in die oberste Liga aufzusteigen und dort zu bleiben. Doch was den Drittligisten FC Pinzgau neben der wunderschönen Umgebung und den professionellen Einrichtungen zu etwas Besonderem macht, ist die Art und Weise seines Vorgehens: nämlich Fanbesitz.
„Eine Sache, die unseren von anderen Vereinen in Fanbesitz unterscheidet, ist, dass es sich tatsächlich um Besitz handelt“, fügt Ciociola aus Wisconsin hinzu. Er kam nach Europa, um einen Fußballverein zu finden, wo er seinen großen Plan verwirklichen konnte. Die US-Standardmodelle hatte er satt, denn sie lassen die Fans zu oft mit leeren Händen zurück.
„Es handelt sich nicht um ein Mitgliedschaftsmodell oder ein jährliches Gebührenmodell, sondern um Eigentum in Form von Aktien. Fans können sich anmelden, um Ihre Anteile zu sehen. Sie können darüber hinaus aber auch mit ihnen handeln oder sie verkaufen.“
„Wir hatten Leute, die in den Verein investiert haben und von ihren herkömmlichen Anlagen gesagt haben, dass sie zwar die Kurse beobachten, bei dieser speziellen Investition allerdings jede Woche auf die Tabelle schauen und sich über die Ergebnisse informieren.“
„Es ist eine völlig neue Art, sich zu engagieren, und es verändert die Art und Weise, wie die Leute das Spiel sehen, weil diese ein berechtigtes Interesse daran haben.“
„Der zweite wichtige Aspekt ist, dass wir echte Ambitionen haben und zu den Aufstiegskandidaten gehören. Fanbesitz ist also eine Chance, Teil des Wachstums dieses Vereins zu sein: Fans steigen in der dritten Liga ein und haben einen bedeutenden Einfluss auf den Aufstieg des Vereins. So wollen wir in die zweite Liga und hoffentlich schon bald in die erste Liga aufsteigen.“
„Also ja, es ist eine finanzielle Investition, aber viele Leute sind auch bereit, anderweitig zu helfen. Unsere Investoren haben gefragt, was sie tun können, um uns mit ihren Fähigkeiten zu unterstützen, sei es Marketing, Social Media oder Grafikdesign. Das hat dazu geführt, dass ein echtes Gemeinschaftsgefühl entstanden ist. “
Fanbesitz auf die richtige Art?
Von den eigensinnigen Gemeinschafts-Clubs FC United of Manchester und City of Liverpool FC bis hin zu den NFL Kingpins Green Bay Packers am oberen Ende der Skala hat sich der Besitz von Fans in vielen Fällen bewährt. Doch die Verantwortlichen des FCPS glauben, dass sie es endlich geschafft haben das Modell so zu verändern, dass sich ein Einstieg für Investoren sowohl in sozialer Hinsicht als auch finanziell lohnen kann.
„Ich bin in Wisconsin aufgewachsen, daher bin ich mit dem Modell der Green Bay Packers sehr vertraut und habe darauf aufgebaut“, fügt Mark hinzu. „Aber bei den Packers dürfen Sie Ihre Aktien nicht verkaufen oder damit handeln. Sie erhalten keine Vorteile, keine Rabatte im Team Shop oder auf Dauerkarten. Du bekommst ein Zertifikat, das ist zumindest eine Neuheit.“
„Aber ich dachte mir, was wäre, wenn wir dieses Modell nehmen, es zu legitimem Eigentum machen und Leute Vergünstigungen erhalten. So können sie hinter den Kulissen sehen, was in dem Verein tatsächlich vor sich geht.“
„Wir haben ehrgeizige Ziele. Unser erstes Ziel ist es, in die zweite Liga aufzusteigen. Sobald dies erreicht ist, werden wir die oberste Liga in Angriff nehmen.“
„Es ist kein Geheimnis, warum wir uns für Österreich entschieden haben. Die Gegend ist nicht nur wunderschön und zieht Besucher an, sondern es gibt die Möglichkeit, sich über die Liga für die Europa League und die Champions League zu qualifizieren. Diese Ziele kann man hier mit einem Bruchteil der Kosten erreichen, die man in Deutschland, England, Spanien oder Frankreich bräuchte.“
„Das ist unser oberstes Ziel – dahin zu kommen und in der Champions League zu bestehen. Wir befinden uns in einem frühen Stadium, aber wir haben einige sehr leidenschaftliche Leute mit an Bord und ist wirklich ermutigend, ihre Begeisterung über unser Wachstum zu sehen.“
Einer von denen, die mit dabei sind, ist Christian Ziege. Der ehemalige deutsche Nationalspieler spielte in einer erfolgreichen Karriere unter anderem für Bayern München, den AC Mailand, den FC Liverpool und Tottenham.
Zieges Sohn Alessandro war bereits in dem Verein unter Vertrag, als der frühere erste Teammanager Markus Fürstaller sich vom FCPS verabschiedete, weil die Mannschaft keine realistische Chance auf den Aufstieg hatte. Da er vor Ort lebte und durch seinen Nachwuchs bereits mit dem Verein vertraut war, schien er die perfekte Ergänzung zu sein.
Ziege krempelt die Ärmel hoch
Ziege mit seiner Erfahrung als Trainer und Fußballdirektor beim deutschen Bundesligisten Borussia Mönchengladbach langfristig als Teammanager zu verpflichten, war ein großer Coup und setzte ein Zeichen für die Vereinsambitionen. Die Vereinsbesitzer waren so von Ziege beeindruckt, dass er seitdem auch noch als Sportdirektor in einer Doppelrolle für den Verein tätig ist.
„Ich habe viel Erfahrung darin, an verschiedenen Orten zu sein, für große Vereine zu spielen und großen Erfolg zu haben. Aber ich habe mich gemeinsam mit meiner Frau dazu entschlossen nach Österreich in die Berge zu ziehen, weil wir diese Gegend lieben“, sagte Ziege gegenüber Gambling.com.
„Für mich war es eher Zufall, zum Manager dieses Clubs zu werden. Ich wollte helfen, weil mein Sohn hier spielte und als letztes Jahr der Manager ging, ergab sich plötzlich diese große Chance. Und ich liebe es hier.“
„Es ist eine Herausforderung, in beiden Positionen zu arbeiten, aber weil ich bei Borussia Mönchengladbach eine ähnliche Stelle hatte - natürlich unter ganz anderen Umständen - habe ich genug Erfahrung und muss sagen, dass es mir gefällt. Wir können manche Dinge schneller erledigen und vieles sehr einfach halten.“
„Wir stehen erst am Anfang einer hoffentlich erfolgreichen Reise. Ich denke, es war eine gute Entscheidung, und dabei geht es nicht nur um mich. Wir halten Gespräche kürzer, ohne, dass zu viele Leute darin involviert sind, und viele Leute im Verein unterstützen mich.“
Deutsche Manager genießen derzeit in ganz Europa und darüber hinaus ein hohes Ansehen. Das verdanken sie nicht zuletzt Jürgen Klopp, der gerade zum Premier-League-Meister gekrönt wurde und derzeitig Manager von Zieges altem Verein, dem FC Liverpool, ist. Die „Reds“ haben mithilfe von Jürgen Klopp in der Premier League den ersten Meistertitel seit 30 Jahren errungen, nachdem sie in der vergangenen Saison bereits einen Triumph in der Champions League feiern konnten.
„Er inspiriert mich jeden Tag, weil er seinen Erfolg jetzt auf drei verschiedenen Stufen bei drei verschiedenen Vereinen bewiesen hat und sich dabei immer an seine Prinzipien hält“, sagte Ziege über Klopp.
„Von Anfang an läuft es immer gleich bei ihm ab. Um die Ziele zu verwirklichen, muss jeder um ihn herum verstehen, was er beabsichtigt. In Mainz zum Beispiel hatte er zu Beginn Schwierigkeiten mit dem Team aufzusteigen, blieb seinem Stil jedoch treu und ich glaube, beim vierten Versuch gelang ihnen der Aufstieg dann endlich. Sie halten sich bis heute in der Bundesliga, was ebenfalls eine erstaunliche Leistung ist.“
„Dann ging er weiter nach Dortmund zu einem größeren Verein, aber Klopp blieb weiterhin der gleiche Typ mit dem gleichen Stil. Er veränderte die Einstellung des Vereins. So wurden sie deutsche Meister, gewannen den DFB Pokal und erreichten sogar das Finale der Champions League.“
Auch in Liverpool hielt er an seinen Prinzipien fest, selbst, nachdem er mehrere Endspiele in Folge verloren hatte. Doch er gewann schließlich die Champions League und dann die Liga zum ersten Mal seit wie vielen Jahren? “
Verständlicherweise macht Ziege kurz eine Pause, um sich nicht direkt mit dem Liverpooler Trainer zu vergleichen, der aktuell als der beste im Weltfußball angesehen wird, aber bei der Beschreibung seines eigenen Managementansatzes gibt es durchaus einige Gemeinsamkeiten.
Er sagt: „Mein Führungsstil ist ziemlich einfach: Ich verlange 100 %, ganz egal, ob wir trainieren, spielen oder etwas anderes machen, um zu gewinnen. Das ist wichtig für vollständiges Engagement.“
„In meinen Positionen im Verein versuche ich, den Spielern so viel wie möglich zu helfen und ich denke gern, ich bin jemand, auf den sie sich verlassen können. Jemand, zu dem sie immer kommen können, wenn sie Probleme oder Fragen haben.“
„Die Trainingseinheiten müssen genutzt werden, um ohne Zeitverschwendung zu arbeiten. Nach meiner Erfahrung geben Spieler nicht jeden Tag 100 % und verlieren in diesem Fall wichtige Vorbereitungszeit. Meine größte Herausforderung ist es also, die Zeit immer bestmöglich zu nutzen, anstatt sich eine schöne Zeit zu machen, wenn Sie zum Trainingsgelände kommen, denn während dieser Zeit müssen wir hart arbeiten.“
Formsteigerung unter Ziege
Die ersten Leistungen auf dem Feld unter Zieges Führung sind sehr vielversprechend. In seiner ersten kompletten Saison war das Team auf einem guten Weg, einen Platz bei den Entscheidungsspielen der Regionalliga West zu belegen, was ihnen die Chance auf den Aufstieg in die zweite Liga ermöglicht hätte.
Leider hat die globale Pandemie diesen Plan zumindest vorerst auf Eis gelegt und die Saison wurde abgesagt. Die Situation hat jedoch weder die Stimmung von Ziege noch sonst jemandem im Club gedämpft.
Er sagte: „Die kleineren Teams haben die gleichen Probleme wie die größeren Vereine, aber in anderem Umfang. Jeder Verein hat noch immer die Möglichkeit, die eigenen Bestrebungen zu verfolgen, die er vor Covid-19 hatte. Aber insgesamt wird es nach alledem für jeden Verein auf allen Ebenen schwieriger werden.“
„Ich habe als Profispieler und Trainer in großen Vereinen eine lange Reise hinter mir. Aber ich bin glücklich darüber, wo ich gerade bin, und ich hoffe, dass alle im Verein – ich, die Spieler, die Fans, die Besitzer – die Ziele erreichen werden, die wir uns vorgenommen haben.“
Viele kleinere Ziele wurden wir bereits erreicht. Zum einen hatte sich die durchschnittliche Besucherzahl im letzten Jahr vor der Pandemie verdoppelt. Die Einheimischen konnten sich schließlich für das Projekt begeistern, nachdem sie anfangs etwas verhalten gegenüber dem neuen amerikanischen Besitzer reagiert haben. Neuverpflichtungen wie der clevere Argentinier Pablo Ruiz haben sicherlich dazu beigetragen, diese Skepsis zu vertreiben.
Auch abseits des Feldes bewegen sich die Dinge in die richtige Richtung. Bei einer Mindestinvestition von 500 US-Dollar hat der Verein im Rahmen seiner Initiative „Fan Owned Club“ nicht nur Teilhaber aus Amerika, sondern auch aus Indien, Südkorea, Malaysia, Singapur, Großbritannien und Irland an Land gezogen.
„Wir haben von Anfang an gesagt, dass wir nicht hier sind, um diesen Verein amerikanisch zu machen. Wir wollen das Beste aus beiden Welten verbinden, damit er am Ende des Tages immer noch ein österreichischer Verein ist, mit all seinen Traditionen und seinen Herangehensweisen“, sagt Ciociola. „Wir wollen einige der Traditionen des Vereins mit der amerikanischen Kultur mischen und das haben wir von Anfang auch ganz offen so kommuniziert.“
Für den Fall, dass schneller Erfolg eintritt, werden schon Maßnahmen ergriffen: Die Scheinwerfer werden ersetzt, um den Standards der beiden obersten Ligen des österreichischen Fußballs zu entsprechen. In der Zwischenzeit wurden Gespräche mit einem italienischen Architekten über eine Neugestaltung des kleinen Geländes geführt, das den einzigartigen Anblick einer mittelalterlichen Burg bietet, um eines Tages die Mindestkriterien der UEFA für eine Begegnung der Europa League oder Champions League mit 8.000 Sitzplätzen zu erfüllen.
Ähnlich wie das österreichische Seefeld Casino zu einem Veranstaltungsort für Pokerfans aus aller Welt geworden ist, ist für die Einrichtungen des FCPS geplant, sie als Urlaubsziel für Teilbesitzer zu vermarkten. So können sie den Verein besuchen, sich in den malerischen Bergen entspannen und ihrer Fußballmannschaft gleichzeitig beim Spielen zusehen.
In der nächsten Phase ihres Abenteuers spielt der FC Pinzgau in der Regionalliga am 15. August gegen Austria Salzburg und am 22. August gegen Seekirchen. Die Spiele werden für die wachsende globale Fangemeinde live im Internet übertragen, genau wie alle anderen zukünftigen Begegnungen der Mannschaft, ganz gleich, ob Liga- oder Freundschaftsspiele.
Vielleicht dient der FC Pinzgau Saalfelden in den kommenden Jahren noch weiteren Vereine als Inspiration, die ebenfalls einen Weg in die oberen Ligen anstreben.
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