Prognosen für die US-Wahlen 2020 - wissen die Buchmacher mehr?

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Prognosen für die US-Wahlen 2020 - wissen die Buchmacher mehr?

Die aktuellen Geschehnisse in den USA machen die anstehende Wahl des US-Präsidenten 2020 besonders spannend. Kann sich der derzeitige Präsident Donald Trump am 3. November im Amt halten oder wird ein demokratischer Kandidat ins Weiße Haus einziehen?

Es bleibt weniger als einen Monat bis zum „Super Tuesday“ und es gibt fortlaufende Prognosen der Meinungsforschungsinstitute, der Experten und auch der Buchmacher.

In der Vergangenheit ist es öfter vorgekommen, dass die Buchmacher-Quoten das korrekte Wahlergebnis vorhergesehen hatten und somit sogar renommierten Marktforschungsunternehmen in den Schatten stellten. Dies war beispielsweise bei dem Brexit-Referendum oder auch bei der letzten US-Wahl 2016 der Fall.

Wie zutreffend sind also die Quoten der Buchmacher und worin unterscheiden sich ihre Prognosen für den nächsten US-Präsidenten von denen der Umfragen und Experten?

Eine Rolle hierbei spielt auch, wie Buchmacher ihre Quoten erstellen. Wir schauen uns außerdem die aktuellen Umfrageergebnisse sowie die Prognosen der ExpertInnen Alan Lichtman, Nate Silver und Rachel Bitecofer im Vergleich an.

Aktuelle Wettquoten für den neuen US-Präsidenten 2020

Auch, wenn Wettquoten auf politische Ereignisse in Deutschland noch nicht sehr viel Aufmerksamkeit geschenkt wird, ziehen Journalisten die Quoten der Buchmacher in anderen Ländern wie dem Vereinigten Königreich häufig als Prognose für anstehende Wahlen heran.

Auf den Wahlkampf in den Vereinigten Staaten von Amerika, die als „mächtigstes Land der Welt“ gelten, haben natürlich auch die internationalen Wettanbieter ein wachsames Auge. Sobald es neue politische und wirtschaftliche Entwicklungen gibt, passen sie ihre Quoten auf den Sieger der Präsidentschaftswahlen an.

Dabei gilt das Prinzip: Je niedriger die Quote für einen Kandidaten ausfällt, für desto wahrscheinlicher halten es die Buchmacher, dass er gewinnt. Für einen Außenseiter ist die Wettquote und ein potenzieller Gewinn dementsprechend auch höher, die Wahrscheinlichkeit auf dessen Sieg also geringer.

Aktuell gilt Joe Biden von den Demokraten als Favorit für das Amt des US-Präsidenten 2020. Für seinen Sieg bietet der Buchmacher Unibet derzeit die Quote 1.48. Für einen Einsatz von 10 Euro kann ein erfolgreicher Wettfreund also 4,80 Euro Reingewinn erzielen. Das entspricht einer Wahrscheinlichkeit von 67,6% für den Sieg des Kandidaten Biden.

Kandidat*In30.10.23.10.06.10.17.09.28.08.21.08.14.08.07.08.24.07.10.07.29.06.26.06.12.06.
1Joe Biden1.481.521.621.871.911.731.721.661.601.701.601.651.88
2Donald Trump2.702.602.401.951.952.202.202.302.502.352.502.502.10
3Mike Pence201.00201.0051.00201.00501.00--101.0081.0067.0071.0081.0067.00
4Kamala Harris201.00201.00101.0051.0081.00--------
5Jo Jorgensen1001.001001.00501.00----------
6Howie Hawkins1001.001001.001001.00----------
8Kanye West1001.002501.001001.00501.00501.00501.00501.00301.00101.0051.00---
Letzte Aktualisierung der Unibet Quoten: 30.10.2020

Für Trump stehen die Quoten hingegen bei 2.7 – eine Wahrscheinlichkeit von 37,0%. Die übrigen KandidatInnen liegen weit hinter ihnen zurück.

Eine Gesamtwahrscheinlichkeit von über 100% wird von den Buchmachern hierbei mit Absicht festgelegt. Diese Marge sichert ihnen einen Profit mit den angebotenen Wetten.

Bis Anfang Juni lag Trump im Rennen um die Präsidentschaft bei den Buchmachern noch knapp vorn. Das Blatt wendete sich bei den Wettanbietern erstmals am 3. Juni und ist auf die aktuellen politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen in den USA zurückzuführen, auf die wir gleich noch zu sprechen kommen werden.

Seit am 02. Oktober 2020 bekannt wurde, dass Präsident Donald Trump positiv auf das Coronavirus getestet wurde, setzten die Buchmacher diesen Wettmarkt vorübergehend aus und nahmen keine weiteren Wetten an. Zwischenzeitlich befand sich Trump im Krankenhaus und es war unklar, wie wahrscheinlich sein Sieg noch sein kann. Am 06. Oktober zeigte er sich bereits wieder im Weißen Haus, sodass auch die Quoten auf den US-Präsidenten 2020 wieder auf den Markt zurückkehrten.

Vergangene Wahlen und die Prognosen der Buchmacher

Dass Journalisten sich bei ihren Prognosen für bevorstehenden Wahlen auf die Wettquoten der Buchmacher berufen, ist in den USA oder im Vereinigten Königreich mittlerweile üblich. Manchmal schienen die Buchmacher sogar ein besseres Gespür für den Ausgang einer Wahl zu haben als die Experten oder Meinungsforscher.

In der Nacht nach dem Brexit-Referendum vom 23. auf den 24. Juni 2016 beispielsweise kehrte der Anbieter Betfair seine Quoten dafür, dass die Briten die EU verlassen, schlagartig um, womit die Wahrscheinlichkeit für „Leave“ dem Buchmacher zufolge plötzlich von 9% auf 91% anstieg. Was die Wettanbieter zuerst bemerkten, wurde erst eine Stunde später am Finanzmarkt sichtbar.

Auch vor den vorgezogenen Neuwahlen des britischen Parlaments zeigte sich im November 2019 plötzlich – entgegen aller Erwartungen – dass die Buchmacher einen Sieg der Konservativen (Tories) mit einer Wahrscheinlichkeit von 66% einschätzten, was später auch eintrat. Independent berichtet, dass diese Wendung ausgelöst wurde, nachdem die Medien sich zunehmend auf die finanziellen Ausgaben der Labour Partei konzentrierten und damit vermutlich die Wettenden beeinflussten. Andererseits hätten viele Wetter auf der Suche nach Value zu diesem Zeitpunkt auf eine Koalition der Labour Partei und den Liberal Democrats gesetzt, was unter der Führung von Jeremy Corbin als ausgeschlossen galt.

Bei der letzten US-Wahl sahen die Buchmacher allerdings nicht kommen, dass Donald Trump Staatsoberhaupt werden würde. Den Umfragen nach lag Hillary Clinton vorn, für Trumps Sieg lag die Wahrscheinlichkeit zuletzt nur 38%. Im UK gab es zu diesem Zeitpunkt sogar Wettquoten von 3/1 (4.0). Wer also 1 Pfund auf Trump gesetzt hätte, wäre mit 4 Pfund (3 Pfund Reingewinn) aus der Wette hervorgegangen. Die Quoten für Hillary Clinton lagen im Vergleich bei 7/19 (1.37), sahen also deutlich besser aus – und trotzdem gewann Trump.

Es zeigt sich also: Die Einschätzungen der Buchmacher haben häufig richtig gelegen. In den USA sind Wetten auf politische Ereignisse allerdings nicht möglich. Hat dies einen Einfluss auf die Prognosen der Buchmacher? Um einer Antwort näherzukommen, werfen wir einen Blick darauf, wie Wettquoten zustande kommen.

Wie bestimmen Buchmacher ihre Quoten?

Buchmacher ziehen für die Bestimmung ihrer Wettquoten zunächst einmal jede Menge Daten und Statistiken heran. Sie berechnen die Wahrscheinlichkeit für verschiedene Ausgänge eines Ereignisses, wie in diesem Fall die Wahl zum US-Präsidenten. Hierbei werden u.a. die Umfragewerte bei Wahlen wichtig. Diese Berechnungen erfolgen mithilfe komplexer Rechenprogramme.

Sich allein auf Mathematik und Statistiken zu berufen reicht jedoch nicht aus. Buchmacher müssen sich ebenfalls bestens in Sport, Politik und anderen Bereichen auskennen, für die sie ihre Wettquoten anbieten. Es ist auch unerlässlich, das aktuelle Geschehen zu verfolgen: Bei unvorhergesehenen Wendungen müssen Buchmacher die Wahrscheinlichkeiten neu einschätzen und ihre Quoten von Hand korrigieren – und das manchmal sehr schnell. Es ist also auch jede Menge Wissen und Feingespür für Schwankungen am Markt gefragt.

Natürlich haben Buchmacher Interesse daran, die Quoten für Favoriten möglichst gering zu halten, um bei einer Auszahlung an die Kunden selbst Profit zu machen. Gleichzeitig müssen sie ihre Quoten aber auch realistisch und attraktiv für Kunden gestalten. Damit sich das Geschäft auch lohnt und Umsatz generiert wird, muss ein Buchmacher ein ausgeglichenes Wettbuch haben. Die Gewinnmarge für alle angebotenen Wettmärkte muss perfekt kalkuliert und bei Bedarf, also je nach Wettvolumen durch das Risikomanagement des Bookies zeitnah angepasst werden.

Besonders wichtig bei den Quoten der Buchmacher ist außerdem, dass die Kunden mit ihren Wetten selbst Einfluss auf die Quoten nehmen. Nach der Anzahl der Wetten und ihren Einsätzen werden die Wettquoten, auch Preise genannt, angepasst. Dadurch, dass die Wettenden ihre Prognose mit Geld stützen, sehen viele Experten ihre Tipps als zuverlässigere Auskünfte an als beispielsweise die Ergebnisse der Umfragen.

In den USA sind Wetten auf politische Ereignisse derzeit noch nicht legal möglich. Das bedeutet, dass die Buchmacher nicht direkt Informationen von den Wahlberechtigten beziehen können. Interessant wird dann der politische Handelsmarkt, der nach einem ähnlichen Prinzip funktioniert. Die Plattform PredictIT von der Victoria Universität in Wellington (Neuseeland) macht es beispielsweise möglich, eine Prognose zu erstellen und andere Interessierte Anteile daran kaufen zu lassen. Je nachdem, wie sich der Markt entwickelt, verändern sich auch die Preise und bilden ab, für wie wahrscheinlich die teilnehmenden Händler ein Ereignis halten.

US-Wahlen 2020: Corona-Krise, Proteste und die Kandidaten

Besonders relevant für Prognosen zu den US-Wahlen 2020 sind die aktuellen politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen in den USA.

Seit Ende Mai sinkt der Zuspruch für die Regierung unter Donald Trump bei den Wählerinnen und Wählern. Zwar sorgte der aktuelle Präsident in den letzten vier Jahren seiner Amtszeit dafür, dass die US-Wirtschaft dem Magazin Forbes zufolge einen Aufschwung von 2,5% erfuhr, doch durch die weltweite Coronavirus-Pandemie haben die USA nun mit einer hohen Arbeitslosigkeit zu kämpfen und befinden sich offiziell in einer Wirtschaftskrise.

Hinzu kommen bundesweiten Proteste der Black-Lives-Matter-Bewegung und soziale Unruhen. Nach dem Tod des schwarzen US-Amerikaners George Floyds durch einen Weißen Polizisten finden fortlaufend Demonstrationen gegen Rassismus und Polizeigewalt statt, die teilweise friedlich verlaufen, teilweise aber auch Schlagzeilen durch zahlreiche Gewaltausbrüchen machen. Sie haben weltweit Diskussionen um Reformen angestoßen. Statt Schlichtungsversuche zu unternehmen, drohte Trump den Protestierenden auf Twitter jedoch mit Gewalt.

Donald Trump sorgt mit seinen Aussagen und Handlungen immer wieder für Aufregung. Kürzlich kündigte er Pläne zu Einsparungen bei der amerikanischen Post an. Diese könnte u.a. Auswirkungen auf die Briefwahl haben, welche viele Amerikaner während der Pandemie der persönlichen Stimmabgabe vorziehen würden.

Der größte Skandal, in den er verstrickt war, hatte die Einleitung seines Amtsenthebungsverfahrens (Impeachment) zufolge. Angeblich hätte er den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu Ermittlungen gegen seinen Gegenkandidaten Joe Biden gedrängt und das Repräsentantenhaus an Ermittlungen hierzu gehindert. Der Senat sprach Trump im Februar allerdings von der Anklage frei.

Kürzlich wurde auch das Lincoln Project ins Leben gerufen, das nach eigenen Angaben gegen Kandidaten vorgeht, welche ihren Schwur gegenüber der Konstitution gebrochen haben – so wie Donald Trump, der nach Ansicht der Gründer des Projekts den Staat und die Regierung auf gefährliche Weise spalte. Hinter der Initiative stehen vor allem liberale, ehemalige Mitglieder der republikanischen Partei. Das Lincoln Project arbeitet gerade daran, seine Botschaft ins nationale Fernsehen zu bringen und mehr Republikaner dazu zu bewegen, Trump nicht erneut zu wählen. Es könnte bei den anstehenden Wahlen also noch eine größere Rolle spielen.

Obwohl sich andere Republikaner wie Colin Powell, George W. Bush und Mitt Romney schon gegen Trump ausgesprochen haben, wird der regierende Präsident allerdings noch immer von einer großen Anhängerschaft unterstützt. Seine Beliebtheit verdankt er u.a. Steuersenkungen, dem Verbot von Offshore-Geschäften und der Abschaffung und dem Ersatz von Obamacare. Sein Wahlslogan „Make America Great Again“ findet noch immer großen Anklang bei vielen US-Amerikanern.

Kandidat Joe Biden gilt zwar nicht als besonders charismatisch, als Demokrat hätte er allerdings eine ethnisch und politisch vielfältige Koalition hinter sich stehen, die auch mit den Anhängern Black-Lives-Matter-Bewegung sympathisieren könnte. Am 12.08.2020 kündigte er an, mit Kamala Harris als Kandidatin für die Vizepräsidentschaft ins Rennen zu ziehen. Sollten die Demokraten gewinnen, würde sie die erste Schwarze Vizepräsidentin der USA werden. Buchmacher rechnen ihr sogar eine sehr geringe Chance aus, selbst Präsidentin zu werden. Beim Wettanbieter Betway steht ihre Quote hierfür aktuell bei 101.0.

Aktuelle Umfragewerte zu den US-Wahlen 2020

Als eine der verlässlichsten Datenquellen zur Prognose einer Wahl sind die Ergebnisse von Umfragen bei den Wählerinnen und Wählern. Auch die Buchmacher haben ein wachsames Auge auf sie und nutzen die Ergebnisse für die Erstellung ihrer Quoten.

Die Umfragewerte können von allerhand Faktoren beeinflusst werden. Dazu gehören beispielsweise die Wahlkampagnen der KandidatInnen, ihre finanziellen UnterstützerInnen, wie sie in Debatten auftreten oder wie in sozialen Medien und Nachrichten über sie berichtet wird.

Umfragen zu den US-Wahlen werden von unterschiedlichen Instituten und Unternehmen eingeholt. Die Seite Real Clear Politics sammelt die Ergebnisse verschiedener Umfragen und berechnet Durchschnittswerte. Diese Informationen werden ständig aktualisiert.

Aktuelle nationale Umfragen

QuelleDatumBidenTrump
1Real Clear Politics30. Oktober 202051,3%43,5%
2FiveThirtyEight30. Oktober 202052,0%43,2%
3Monmount University28. September 202050,0%44,0%
Letzte Aktualisierung: 30.10.2020

Anhand der aktuellen Umfragen zeigt sich, dass Joe Biden bei den Wahlberechtigten aktuell vorne liegt. Im Schnitt der Umfragen würden 51,3% der Befragten den Demokraten Joe Biden wählen, nur 43,5% hingegen Donald Trump. Auch die Zustimmungswerte für den amtierenden Präsidenten spielen bei diesen Umfragen eine große Rolle: Laut der Nachrichtenseite FiveThirtyEight empfinden aktuell 43,6% der Befragten, dass der aktuelle Präsident Trump gute Arbeit leistet, 52,9% hingegen stimmen dem nicht zu (Stand: 30.10.2020).

In der Vergangenheit lagen die Umfrageprognosen allerdings nicht immer richtig: Bei der letzten US-Wahl 2016 galt Hillary Clinton laut FiveThirtyEight zu 70% bis 80% als Favoritin und verlor die Wahl letztendlich doch gegen Donald Trump.

Das Vertrauen in Umfragen ist durch solche unerwarteten Überraschungen etwas geschmälert worden. Es kann aber mehrere Gründe dafür geben, dass die Ergebnisse der Umfragen am Ende vom Ausgang einer Wahl abweichen:

  • Repräsentation: In den Umfragen können nicht alle WählerInnen befragt werden, sondern nur ein Teil der Wahlberechtigten. Ihre Aussagen gelten je nach Umfrage stellvertretend für alle Wähler eines Bundesstaats oder für die ganze Nation. Abweichungen ergeben sich also beispielsweise, wenn zufällig mehr Demokraten befragt werden, ein Staat aber mehrheitlich republikanisch wählt. Hierfür wird normalerweise eine Fehlerspanne von 3% für eine Stichprobe von 1.000 Befragten berechnet.
  • Unzuverlässige Aussagen: Was die Menschen in den Umfragen angeben, ist zwar ihre Wahlabsicht, dies muss am Ende aber nicht der abgegebenen Stimme entsprechen. Es kann sein, dass sie sich nicht trauen, ihren eigentlichen Standpunkt preiszugeben oder dass sie ihre Meinung ändern.
  • Wahlsystem: Das Wahlsystem in den USA basiert nicht auf der absoluten Mehrheit aller Stimmen, wie es in Deutschland der Fall ist. Stattdessen entsendet jeder Bundesstaat je nach Einwohnerzahl eine Anzahl von Wahlleuten, die das „Electoral College“ bilden. Sie stimmen direkt für einen Präsidentschaftskandidaten ab und sind nicht dazu verpflichtet, im Sinne der Wähler zu handeln. Außerdem gilt hierbei das Prinzip „The Winner Takes It All“: Der Kandidat, der die Mehrheit in einem Bundesstaat gewinnt, erhält die Stimmen aller hier vertretenen Wahlleute. Deswegen kann es passieren, dass die prognostizierten Ergebnisse der Umfragen am Ende von der Entscheidung des Electoral Colleges abweichen.
  • Swing States: In diese Bundesstaaten ist allgemein eine etwa gleiche Anzahl an Wählern von Republikanern und Demokraten vorhanden. Deshalb ist es schwierig, vorauszusagen, an welchen Kandidaten am Ende die Stimmen der Wahlleute gehen. Die KandidatInnen konzentrieren sich im Wahlkampf diese Staaten. Das sind u.a. auf Arizona, Florida, Michigan, North Carolina, Pennsylvania oder Wisconsin.

Umfragewerte in den Swing States

Momentan führen die Demokraten in den meisten Umfragen der Swing States. In Florida beispielsweise sinkt der Zuspruch für die Regierung seit einem Monat besonders bei den über 65-jährigen WählerInnen infolge dessen, wie Trump die Coronakrise handhabt. Eine Auswahl wichtiger Staaten für die Wahl listen wir hier:

BundesstaatBiden %Trump %
National52,043,2
Wisconsin51,943,2
Michigan51,142,5
Pennsylvania50,145,0
North Carolina48,947,0
Arizona48,745,6
Florida48,646,6
Georgia48,446,7
Texas48,146,9
Daten von FiveThirtyEight. Letzte Aktualisierung: 30.10.2020

Die Buchmacher schätzen den Ausgang der Wahl in einigen Bundesstaaten jedoch unterschiedlich ein: Bei Unibet stehen die Chancen für einen Sieg der Republikaner in Pennsylvania mit der Quote 1.36 beispielsweise günstiger als für die Demokraten (3.00).

Meinungen der Experten

Wer auf das Ergebnis der US-Wahlen 2020 wetten möchte, sollte auch auf die Einschätzungen der Experten schauen. Politikwissenschaftler und Datenspezialisten befassen sich hauptberuflich mit den Entwicklungen und ihre Analysen haben sich bereits in vergangenen Wahlen bestätigt. Deshalb könnten auch Buchmacher Interesse an ihren Prognosen haben. Wir stellen Ihnen drei ExpertInnen vor.

Alan Lichtman

Alan Lichtman ist bekannt dafür, seit 1984 acht von neun Wahlen zum US-Präsidenten richtig vorhergesagt zu haben. Der Professor für Politik und Geschichte an der American University in Washington, D.C., hat hierfür zusammen mit dem russischen Geophysiker Wladimir Keilis-Borok ein Modell angepasst, das ursprünglich zur Prognose von Erdbeben entwickelt wurde. Es bestimmt anhand verschiedener Faktoren, ob der aktuelle Präsident der USA im Amt bleiben wird oder nicht.

Entgegen der meisten anderen Vorhersagen lag Lichtman auch 2016 mit der Prognose richtig, dass Trump der nächste US-Präsident werden würde. Die bisherige hohe Trefferquote seines Modells „13 Keys to the White House“ macht es also auch für die anstehenden Präsidentschaftswahlen 2020 interessant.

Das Modell besagt, dass es 13 Faktoren gibt, die ausschlaggebend dafür sind, ob ein amtierender Präsident weitere 4 Jahre regieren wird. Wenn diese Faktoren günstig für den amtierenden Präsidenten stehen, werden sie mit JA bestätigt. 6- oder mehr mal Nein bedeutet, dass die Opposition gewinnt. In der folgenden Tabelle stellen wir die Faktoren Lichtmans den aktuellen Entwicklungen in den USA gegenüber:

FaktorJa/NeinAktuelle Entwicklungen
1Parteimandate:
Die amtierende Partei nach den „Midterm Elections“ mehr Sitze im Repräsentantenhaus als nach den vorherigen Zwischenwahlen.
❌ NEINDie Demokraten gewannen 2018 die Midterm Elections und haben somit die meisten Sitze im Repräsentantenhaus.
2Konkurrenz:
Es gibt keine ernstzunehmenden Mitbewerber in der regierenden Partei.
✔️ JATrump wird sehr wahrscheinlich von den republikanischen Delegierten wiedergewählt werden.
3Amtszeit:
Der amtierende Kandidat ist der aktuelle Präsident.
✔️ JATrump ist amtierender Präsident.
4Drittparteien:
Es gibt keine nennenswerten anderen Parteien oder Kampagnen.
✔️ JAIn dieser Phase gehen keine Drittparteien ins Rennen. Selbst Kanye West stellt keine ernstzunehmende Konkurrenz dar.
5Kurzfristige Wirtschaft:
Die Wirtschaft befindet sich während der Wahlkampagne nicht in einer Rezession.
❌ NEINDer Ausbruch des Coronavirus führte zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit und die USA befinden sich offiziell in einer Rezession.
6Langfristige Wirtschaft:
Das Wirtschaftswachstum pro Kopf während der Amtszeit ist gleich oder höher als das Wachstum der zwei Amtsperioden zuvor.
❌ NEINDas Bruttoinlandsprodukt ist 2020 ins Negative gefallen (Quelle: New York Times).
7Politische Veränderungen:
Die amtierende Regierung hat größere Veränderung auf nationaler Ebene bewirkt.
✔️ JADie Änderungen betreffen z.B. Steuersenkungen, das Beenden von Offshore-Geschäften und die Abschaffung von „Obamacare“.
8Soziale Unruhen:
Während der Amtszeit gibt es keine sozialen Unruhen.
❌ NEINDerzeit gibt es nationale Demonstrationen der Black-Lives-Matter-Bewegung.
9Skandal:
Die amtierende Regierung hat keinen größeren Skandal zu verkraften.
❌ NEINDer größte Skandal bisher war Trumps Amtsenthebungsverfahren.
10Außenpolitischer oder militärischer Misserfolg:
Die aktuelle Regierung hat keine größeren außenpolitische Rückschläge zu verzeichnen.
✔️ JAAbhängig davon, wie sich der Handel mit China entwickelt. Der Mittlere Osten ist zwar instabil, aber insgesamt gibt es keine Misserfolge
11Außenpolitische oder militärische Erfolge:
Die aktuelle Regierung verzeichnet größere außenpolitische oder militärische Erfolge.
❌ NEINTrump hatte bisher keinen Erfolg in außenpolitischen und militärischen Angelegenheiten.
12Charisma des amtierenden Kandidaten:
Der amtierende Kandidat ist charismatisch oder ein Nationalheld.
❌ NEINTrump ist weder ein militärischer Held noch sympathisieren Wähler außerhalb seiner Basis mit ihm.
13Charisma des oppositionellen Kandidaten:
Der Oppositionskandidat ist nicht charismatisch oder ein Nationalheld.
✔️ JATrumps Mitbewerber Joe Biden ist kein Nationalheld und gilt weder als charismatisch noch als inspirierend.
Zuletzt aktualisiert: 7. August 2020.

Trump bekäme derzeit also nur 6 Ja-Stimmen, womit er Lichtmans Modell zufolge sein Amt verlieren wird.

Das Modell wird jedoch auch für seine Fehleranfälligkeit kritisiert. Es funktioniere zum einen nur, wenn ein amitierender Präsident die Chance auf eine Wiederwahl hat. Patrick Reddy kritisiert außerdem, dass es zwar die Erfolge der Regierung, nicht aber auf die Wahlkampagnen in Betracht zieht. Einige Faktoren könnten zudem nicht mathematisch belegt werden und seien subjektiv einzuschätzen: Wie misst man beispielsweise Charisma und wann wird ein Tumult zu einer größeren sozialen Unruhe?

Nate Silver

Nate Silver ist nicht nur Gründer und Chefredakteur der Nachrichtenseite FiveThirtyEight, sondern auch Buchautor und analysiert Daten zu Sport, Wissenschaft und Politik. Aufmerksamkeit erlangte er erstmals 2012 damit, dass er für 49 der 50 US-Bundesstaaten korrekt prognostizierte, für welchen US-Präsidenten sie stimmen würden.

Sein Modell basiert darauf, Umfragewerte zu sammeln und sie auszuwerten. Da die Ergebnisse der Umfragen aber nicht das Ergebnis der tatsächlichen Wahl reflektieren, gibt es noch ein paar weitere Faktoren, deren Wahrscheinlichkeiten er bei seinen Berechnungen berücksichtigt. Dabei spielen unter anderem die Abweichungen in nationalen und staatsweiten Umfragen eine Rolle und auch, ob registrierte Wähler befragt wurden.

Die Wahl zum US-Präsidenten 2020 kommentiert Nate Silver momentan bei Twitter und gibt seine Einschätzungen und Analysen zu aktuellen Umfragewerten preis. Kürzlich veröffentlichte er beispielsweise seine Berechnungen dazu, wie sich Bidens Chancen auf den Sieg im letzten Monat verändert haben. Momentan stünden sie bei 67%. Trumps Chancen, als Präsident wiedergewählt zu werden, lägen hingegen bei nur 33%:

Obwohl es im Dezember 2019 noch zu früh für konkrete Prognosen war, gab Silver in einem Vortrag an der American University in Washington, D.C., schon einige Überlegung zu Trumps möglicher Wiederwahl preis. Der amtierende Präsident würde beispielsweise in 70% der Fälle wiedergewählt. Was Trump angehe, so habe er zwar letztes Mal knapp gewonnen, aber Kandidaten, die nur mit einem knappen Vorsprung vorne gelegen hatten, würden weniger häufig wiedergewählt.

Nun allerdings stünden die Umstände ungüngstig für den aktuellen Präsidenten. Am 28. Juni listete er bei ABC News drei Faktoren auf, die 2020 im Gegensatz zur letzten Wahl 2016 einem Sieg Trumps im Weg stehen könnten:

  • Er verliert Stimmen in wichtigen Swing States.
  • Biden hat bereits jetzt mehr als 50% der Stimmen erhalten.
  • In einigen Swing States sagte die Hälfte der Wähler, dass sie nicht einmal in Betracht ziehen, Trump zu wählen.

Rachel Bitecofer

Einen neuen – und vielleicht auch radikaleren – Ansatz zur Berechnung ihrer Prognosen hat Rachel Bietcofer, Professorin an der Christopher-Newport-Universität in Hampton Roads, Virginia, entwickelt. Ihrer Annahme nach seien die Wahlen in den USA in den letzten Jahren immer berechenbarer geworden und würden nicht davon abhängen, wer die KandidatInnen sind, die zur Wahl gestellt werden, sondern davon, wer zur Wahl geht. Der Schlüssel für ihre Arbeit seien daher demografische Daten.

Dass ihr Modell eine Daseinsberechtigung hat, zeigte sich bei den Midterm Elections 2018: Sie prognostizierte die Sitze im Senat für die Demokraten fast auf die Anzahl genau. Besonders an dieser Prognose war auch, dass sie diese schon im Juni aufstellte, die Zwischenwahlen jedoch erst im November stattfanden.

Auch für die US-Wahlen zum Präsidenten 2020 hat Bitecofer bereits eine Prognose aufgestellt. Ihrem Modell zufolge werden die Demokraten die Mehrheit des Electoral Colleges für sich entscheiden und die nötigen 270 Stimmen bekommen. Sie sieht alle demokratischen KandidatInnen als stark genug an, um die meisten der Staaten im Mittleren Westen und sogar Staaten wie Georgia, Texas und Arizona zu gewinnen, die normalerweise als republikanisch gelten.

Obwohl im Repräsentantenhaus und dem Senat der USA nur zwei Parteien vertreten sind, könne man die Wähler nach Bitecofers Modell nicht nur in die Basis der Republikaner und Demokraten unterteilen. Wichtig seien ihrer Ansicht nach diejenigen, die unparteiisch sind oder einer Drittpartei angehören.

Anstatt die „Swing Voters“ (diejenigen Wähler, die ihre Meinung ändern können) zu betrachten, sei es ihrer Meinung nach wichtiger, darauf zu schauen, ob diese unparteiischen Wähler überhaupt zur Wahl gingen und für die Demokraten oder Republikaner abstimmen oder nicht.

Sie geht davon aus, dass das Elektorat aus Wahlleuten besteht, deren primäres Ziel es ist, für einen anderen Präsidenten als Trump zu stimmen. Es könnte ihrer Ansicht nach allerdings noch einen Unterschied machen, wer als KandidatIn für die Vizepräsidentschaft ins Rennen geht. Eine schwarze Vizepräsidentin könnte beispielsweise noch unparteiische WählerInnen mobilisieren, die sonst nicht zur Wahl gegangen wären.

In einer kürzlich veröffentlichten Studie untersuchte Bitecofer, wie die beabsichtigten Kürzungen und die Privatisierung des US Postal Services der Regierung sich auf WählerInnen im ländlichen Raum auswirken. Für sie sei die Post nämlich besonders während der Pandemie wichtig, um eine medizinische Versorgung zu gewährleisten. In Umfragen, die in Pennsylvania durchgeführt wurden, zeigte sich, dass 57% der wahrscheinlichen Wähler nicht für einen Kandidaten stimmen würden, der diese Einsparungen unterstützt.

Zudem würden 52% der Republikaner ihre Stimme wahrscheinlich nicht per Briefwahl abgeben. 53% der Demokraten in der Gegend ziehen eine Briefwahl jedoch in Betracht. An der Umfrage nahmen mehrheitlich Republikaner (56%) teil. Mit der Studie zeigt Bitecofer, dass eine Parteiangehörigkeit auch Auswirkungen darauf hat, wie die Dienstleistungen der Regierung und der Post wahrgenommen werden. Die Parteiangehörigkeit sollte ihrer Meinung nach mehr Berücksichtigung bei Umfragen finden.

Wie verlässlich sind also die Prognosen der Buchmacher?

Welchem Kandidaten oder welcher Kandidatin die WählerInnen am Ende ihre Stimme geben, wird von vielen Faktoren abhängen. Eine Rolle dabei spielen u.a. ihre Kampagne und (finanziellen) UnterstützerInnen, wie sie sich in den Debatten schlagen und auch, wie sie in sozialen Netzwerken und den Medien dargestellt werden. Auch, ob die Wähler einer der großen Parteien angehören oder vielleicht einfach nur jemand Anderen als Trump im Weißen Haus sehen wollen, spielt eine Rolle, wie Rachel Bitecofer herausstellt.

Die zuverlässigste Methode, eine Prognose für die finale Abstimmung abzugeben, bieten daher die Meinungsumfragen. Auf ihre Daten greifen nicht nur ExpertInnen wie Nate Silver für ihre eigenen Prognosen zurück, sondern auch die Buchmacher. Da die Umfragen nicht immer richtig lagen, ergibt es Sinn, noch weitere Faktoren zu berücksichtigen, welche die Wahl beeinflussen können. An dieser Stelle setzt das Modell von Alan Lichtman an, welches die Arbeit der Regierung anhand der aktuellen politischen Geschehnisse bewertet.

All diese Überlegungen stehen auch den Buchmachern für ihre Quotenerstellung zur Verfügung. Darüber hinaus haben sie den Vorteil, dass sie die Wetten und Einsätze auf dem Wettmarkt analysieren können. Da die Wettenden echtes Geld einsetzen, mit dem sie ihre Einschätzungen stützen, könnten diese Tipps sogar verlässlichere Daten sein als die Aussagen der Wähler in den Umfragen.

Eine Garantie dafür, dass die Buchmacher richtig liegen, gibt es natürlich trotzdem nicht, wie sich z.B. bei der letzten US-Wahl 2016 zeigte. Wer in solchen Fällen eine Wette auf einen Außenseiter abschließt, kann allerdings von einem solchen Irrtum profitieren.

FAQs

Geht Kanye West für die US-Wahl 2020 ins Rennen?

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Was sind die aktuellen Umfragewerte für Donald Trump als US-Präsident 2020?

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Wie funktioniert das „Electoral College“?

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